
„Felonie“ ist das erste Buch einer Trilogie des Autors Reinhard Wosniak. und ist in der frühen DDR angesiedelt.
Das Buch beginnt bei Maximilian Guttentag, der zumindest laut Klappentext auch der Protagonist der Geschichte ist. Ob dies wirklich passt, wird an späterer Stelle geklärt, zumindest wird zu Beginn sein Lebensweg bis zum Ende des 2. Weltkriegs gezeichnet. Während letzterem ist er Pilot bei der Luftwaffe und gerät in französische Kriegsgefangenschaft. Nach Ihm werden immer mehr Figuren eingeführt, weitere Familienmitglieder der Familie Guttentag, Hieronymus Stammer, Amila Göte oder Hanna Wildenschwert. Was diese alle verbindet, ist der spätere Aufenthalt in der sächsischen Ortschaft Frohburg, die an der Grenze zu Thüringen liegt. Die Handlung erstreckt sich mit Unterbrechungen vom Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft bis zum Beginn des Mauerbaus. Zunächst werden zwei Handlungen verfolgt, Max‘ Kriegsgefangenschaft und der neue Aufbau des Lebens in Frohburg mit Ankunft der Flüchtlinge aus dem Osten. Später verlagert sich die Handlung auf den Handlungsort Frohburg.
Wosniak gelingt es immer wieder anschauliche Episoden zu erzählen. Darunter zählen etwa der Aufbau der Landwirtschaft und die Einführung der LPGs oder die Prozession zur Einschulung der Kinder von Stammer und Guttentag. Dort werden die an sich interessanten Themen anschaulich in der Story verwoben. Wirklich zu kritisieren ist die Einordnung des zweiten Weltkriegs in dem Buch und wie sehr dort eine Opferrolle eingenommen wird. Ein frühes Beispiel ist dafür die Beschreibung der Kriegsgefangenenlager auf den Rheinwiesen, die hier eher Legenden folgt als wissenschaftlicher Forschung. Bis auf einen Charakter ist die Opferhaltung jedoch nicht angebracht. Die Stellen, in denen über die werdende DDR bzw. der Alltag erzählt wird, sind hervorragend und eine Stärke des Buchs. Es blüht nach den ersten 200 Seiten auf.
Die Sprache und damit das Erzählen wirkt wie aus der Zeit gefallen. Sie erinnert an die Sprache zu Beginn des 20. Jahrhunderts und wirkt insgesamt überladen und zu fiktional.
Dem Buch hätte ein Personenregister gutgetan, da doch viele Figuren vorkommen, denen dann doch enormer Raum gegeben wird. Max ist somit nicht der einzige Protagonist der Geschichte, noch andere treiben die Handlung voran. Besser wäre es, wenn von der Stadt Frohburg als Protagonistin die Rede wäre, da die Handlung doch sehr stark an diesen Ort gebunden wird.
Etwas, das ich nicht verstehen kann ist, dass Sexualität zwar durchaus vorkommt, sprachlich jedoch fast unkenntlich gemacht wird. Das wirkt so, als wäre das Buch zu einem Zeitpunkt erschienen, in dem in Büchern nicht über Sex geschrieben werden durfte, was bei der Erstveröffentlichung von 2013 nicht der Fall ist. Gleichzeitig werden Szenen mit ekligem Inhalt (verrottende Leichen, Fäkalien oder ähnliches) detailliert beschrieben.
Insgesamt ist „Felonie“ weder herausragend noch schlecht. Die Beschreibung des Aufbaus der DDR empfinde ich als gelungen. Gebt dem Buch eine Chance und vielleicht gefällt euch der Erzählstil ja besser als mir. Ich werde auch noch die beiden anderen Bücher der Trilogie lesen.
Reinhard Wosniak: Felonie. Spica Verlag 2. Aufl. 2020, 598 Seiten.
[Keine bezahlte Werbung. Das Buch ist ein Rezensionsexemplar des Spica Verlags]
Mein Dank gilt dem Spica Verlag für das Rezensionsexemplar und ich bedanke mich nochmals an dieser Stelle für das Gespräch auf der Frankfurter Buchmesser 2021.